BSG- Urteil vom 17. März 2021: Ein Belegarzt muss die Klinik in maximal 30 Minuten erreichen können

Das Bundessozialgericht hatte sich mit der hier etwas sperrig anmutenden Fragestellung zu befassen, welche Rolle die Entfernung zwischen Wohnung und Praxis des Belegarztes im Rahmen ärztlicher Kooperationsformen für die Gewährleistung der unverzüglichen und ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten spielt.

Kurz vorweg: Der Arbeitsweg entscheidet über die Belegarzterlaubnis.

Die Ausgangssituation:

Ein Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, der am Standort Erding einer üBAG mit Hauptsitz in München tätig ist, hatte eine Belegarzterlaubnis für eine Klinik beantragt, an der zwei seiner Kollegen (ebenfalls in der üBAG tätig) als Belegärzte bereits zugelassen waren. Die KV verweigerte ihm die Erteilung der Erlaubnis. Dem Orthopäden aus Erding wollte die KV Bayern die Belegarzterlaubnis für dieselbe Klinik aber nicht erteilen. Dies mit der Begründung, dass die Entfernung von Erding zum Münchener Krankenhaus 42 Kilometer betrage und die Strecke nicht in unter 39 Minuten zu bewältigen sei.

Die rechtliche Konstellation:

Die Person und deren Einsatzentfernung sind nach den Vorgaben des Bundesmantelvertrags (BMV-Ä) wesentlich für die Anerkennung als Belegarzt. Es kommt darauf an, ob die erforderliche räumliche Nähe zwischen Vertragsarztsitz und Krankenhaus gegeben ist. Hiervon ist nur auszugehen, wenn die Strecke zum Krankenhaus innerhalb von 30 Minuten zurückgelegt werden kann.

Die Auffassung des BSG:

Das Bundessozialgericht stellt in seiner Entscheidung klar, dass die Vorgaben des BMV-Ä auch für Ärzte einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) bindend seien. Daran habe auch die Abschaffung der Residenzpflicht nichts geändert. Die Vorgaben seien personenbezogen, so dass sich ein Arzt in einer üBAG nicht auf die mögliche Nothilfe durch seine (in diesem Fall in München ansässigen) Kollegen berufen könne.

Das BSG gesteht zwar zu, dass die beiden in München ansässigen Kollegen Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften in der Summe besser abdecken können. Auf die üBAG insgesamt kommt es nach Auffassung des BSG jedoch nicht an, da jeder einzelne Arzt so nahe am Krankenhaus wohnen muss, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der ambulant und stationär betreuten Versicherten stets gewährleistet bleibt.

Die Möglichkeit einer Ausnahme ist -anders als dies noch das Bayerische Landessozialgericht als Vorinstanz beurteilt hat- nach der BSG- Entscheidung nicht gegeben, solange die Regelungen des BMV-Ä unverändert bestehen.

Wir melden uns zu dieser Entscheidung wieder, sobald die Volltextveröffentlichung zugänglich ist.

Bundessozialgericht, Az.: B 6 KA 6/20 R