Fehler bei der Abrechnung der ärztlichen Leichenschau

Stirbt ein Mensch, endet nicht nur sein Leben, sondern auch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.  Im Augenblick seines Todes wird auch der GKV- Patient zum Privatpatienten. Die Kosten für die Feststellung des Todes und die Ausstellung des Totenscheins stellt der herbeigerufene Arzt den Angehörigen in Rechnung.

Die Leichenschau ist in der gültigen GOÄ gnadenlos unterbewertet. Es sind nur die Nr. 100 und Wegegeld zulässig!

Insbesondere ist die Abrechnung der Ziffer 50 GOÄ neben der Ziffer 100 GOÄ unzulässig. Nur wenn der Arzt ausdrücklich angefordert wird, um einem Lebenden Hilfe zu leisten, und der Patient bis zum Eintreffen des Arztes verstirbt, darf der Besuch abgerechnet werden.

Wenig Spielräume beim Steigerungsfaktor:

Beim Ansatz der Nr. 100 GOÄ für die Untersuchung eines Toten inklusive Todesfeststellung und Ausstellen des Leichenschauscheines liegt es im Ermessen des Arztes, je nach Schwierigkeit, Zeitaufwand und Umständen der Ausführung den ein- bis 2,3-fachen Faktor zu wählen.

Ein maximal 3,5-facher Gebührensatz (51 Euro) ist für eine Leichenschau unter erschwerten Bedingungen, z.B. bei einer ausgeprägten Adipositas des Verstorbenen oder dem schlechten Zustand der Leiche (Verwesung) möglich. Dies ist in der Rechnung nachvollziehbar zu begründen.

Dass eine Leichenschau aus der Sprechstunde heraus, nachts oder an Wochenende erfolgt, rechtfertigt keinen höheren Steigerungsfaktor. Auch Zuschläge fallen aus, da die Nr. 100 keine zuschlagsberechtigte Ziffer ist. Eine analoge Anwendung der Zuschläge E bis K2 des GOÄ-Abschnitts B V ist nicht möglich.

Hat der Verstorbene keine Angehörigen und gibt eine Behörde, z.B. die Polizei, die Leichenschau in Auftrag, ist die Abrechnung auf den Faktor 1,0 (14,57 Euro) begrenzt.

Zumindest Wegegeld:

Neben der Nr. 100 kann innerhalb eines Radius von 25 km um die Praxis bzw. Wohnung des Arztes Wegegeld nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GOÄ berechnet werden. Bei einer Entfernung von über 25 km kommt eine Reiseentschädigung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 GOÄ in Betracht.

Trauriges Ergebnis:

Die Nr. 100 plus Wegegeld – hier stehen unter dem Strich kaum mehr als etwa 65 – 75 € auf der Rechnung. Dies wird nach unserer Auffassung den Anforderungen an die Todesfeststellung bei weitem nicht gerecht.

Keine Durchsetzbarkeit der Ansprüche aus der Rechnung:

Vor dem beschriebenen Hintergrund bestehen keine zivilrechtlichen Ansprüche auf darüber hinaus gehende Honorare. Zahlen die Erben des Verstorbenen nicht freiwillig, wird ihre Inanspruchnahme vor Gericht im Zweifelsfalle scheitern.

Auch strafrechtlich relevant:

Die Ärztekammern prüfen regelmäßig Abrechnungen von ärztlichen Leichenschauen. Häufig wird neben der Ziffer 100 GOÄ  die Ziffer 50 GOÄ  mit den entsprechenden Zuschlägen E bis H abgerechnet. Von dieser Art der Selbsthilfe raten wir dringend ab: Spätestens mit Kenntnis der fehlenden Abrechnungsberechtigung ist der Anwendungsbereich des Abrechnungsbetruges eröffnet!